In der Schweiz erhebt jeder Kanton eigene Steuern auf das Vermögen natürlicher Personen. Die sogenannte Vermögenssteuer ist fester Bestandteil des schweizerischen Steuersystems und ergänzt die Einkommenssteuer. Im Kanton Thurgau spielt sie eine wichtige Rolle in der Finanzierung öffentlicher Leistungen.
Die Vermögenssteuer wird jährlich erhoben und betrifft das Reinvermögen einer Person am Ende der Steuerperiode. Wer im Kanton Thurgau wohnt oder längere Zeit hier lebt, unterliegt dieser Steuerpflicht. Der folgende Text erklärt die Berechnungsgrundlage, Freibeträge, den Umgang mit Immobilien sowie nationale und internationale Besonderheiten.
Alle natürlichen Personen mit Wohnsitz oder längerem Aufenthalt im Kanton Thurgau sind vermögenssteuerpflichtig. Auch wer sich während mehr als dreissig Tagen im Kanton aufhält oder über einen festen Lebensmittelpunkt im Thurgau verfügt, unterliegt der Steuerpflicht.
Bei mehreren Wohnsitzen innerhalb der Schweiz ist jener Ort massgebend, der als Mittelpunkt der persönlichen Lebensinteressen gilt. Dazu zählen Faktoren wie Familie, Arbeitsplatz, soziale Kontakte oder Vereinsleben. Das gesamte weltweite Vermögen einer steuerpflichtigen Person wird grundsätzlich im Wohnsitzkanton besteuert. Ausnahmen gelten für ausländische Vermögenswerte und Liegenschaften ausserhalb des Kantons, dazu später mehr.
Zur Ermittlung der Vermögenssteuer wird das Bruttovermögen einer Person bestimmt. Dieses umfasst sämtliche finanziellen und sachlichen Vermögenswerte, darunter:
Bargeld und Bankguthaben
Wertschriften wie Aktien, Obligationen und Fonds
Beteiligungen an Gesellschaften
Immobilien und Grundstücke
Fahrzeuge und wertvolle Sammlerstücke
Rückkaufsfähige Lebensversicherungen
Nicht zum steuerbaren Vermögen gehören persönliche Gebrauchsgegenstände wie Möbel, Hausrat oder Kleidung. Auch nicht rückkaufsfähige Lebensversicherungen und Vorsorgeguthaben (zum Beispiel in der Pensionskasse oder Säule 3a) bleiben steuerfrei.
Vom Bruttovermögen werden alle nachweisbaren Schulden abgezogen. Dazu zählen Hypotheken, Konsumkredite, Bankdarlehen oder andere Verbindlichkeiten. Das Resultat ist das sogenannte Reinvermögen.
Darauf wiederum werden persönliche Freibeträge gemäss kantonaler Steuerpraxis abgezogen. Diese betragen im Kanton Thurgau gemäss § StP 53:
Für verheiratete oder gemeinsam steuerpflichtige Personen: 200’000 Franken
Für Einzelpersonen: 100’000 Franken
Für jedes Kind: 100’000 Franken zusätzlich
Diese Abzüge reduzieren die steuerbare Bemessungsgrundlage und entlasten damit insbesondere Haushalte mit mittleren oder tiefen Vermögensverhältnissen.
Die Berechnungsformel der Vermögenssteuer im Kanton Thurgau ist klar geregelt. Sie lautet:
Vermögenssteuer = Steuerbares Vermögen × 1,1 Promille × Steuerfuss
Der fixe Promillesatz von 1,1 Promille wird auf das steuerbare Vermögen angewendet. Der resultierende Betrag wird mit dem jeweils gültigen Steuerfuss multipliziert. Der Steuerfuss ist kantonal einheitlich, variiert jedoch durch gemeindespezifische Zuschläge.
Der Gesamtsteuerbetrag hängt somit nicht nur vom Vermögen, sondern auch vom Wohnort der steuerpflichtigen Person ab. Gemeinden mit höheren Steuerfüssen führen entsprechend zu einer höheren Vermögenssteuerlast.
Eine verheiratete Person mit zwei Kindern und einem Reinvermögen von 700’000 Franken hat einen Freibetrag von 400’000 Franken (200’000 für Ehepaar und 2 × 100’000 für die Kinder). Das steuerbare Vermögen beträgt in diesem Fall 300’000 Franken. Dieser Betrag wird mit 1,1 Promille multipliziert und anschliessend mit dem Steuerfuss der Wohngemeinde verrechnet. Die effektive Steuerbelastung ergibt sich schliesslich aus dieser Multiplikation.
Immobilienbesitz hat einen wesentlichen Einfluss auf die Höhe der Vermögenssteuer. Grundsätzlich ist jede Liegenschaft im Vermögen zu deklarieren, und zwar zum Verkehrswert. Der Kanton Thurgau legt dabei eigene Bewertungsrichtlinien fest, welche den Marktwert möglichst realitätsnah abbilden sollen.
Grundstücke werden stets am Ort der gelegenen Sache besteuert. Das bedeutet: Wer in Weinfelden wohnt und in Kreuzlingen eine Mietwohnung besitzt, versteuert diese anteilig in Kreuzlingen. Hat jemand jedoch seinen Wohnsitz im Thurgau und ein Ferienhaus in einem anderen Kanton, so wird die Besteuerung des Hauses dem entsprechenden Kanton zugewiesen.
Um Mehrfachbesteuerungen innerhalb der Schweiz zu verhindern, kommt die sogenannte interkantonale Steuerausscheidung zur Anwendung. Dabei wird das Gesamtvermögen auf die betreffenden Kantone verteilt.
Der Wohnsitzkanton berücksichtigt dabei nur jenen Anteil, der ihm zusteht. Die Verteilung erfolgt nach klar definierten Regeln, wobei Immobilien am Belegenheitsort versteuert werden, während das bewegliche Vermögen (zum Beispiel Bankguthaben und Wertschriften) in der Regel dem Wohnkanton zugewiesen wird.
Diese Regelung stellt sicher, dass keine Doppelbesteuerung innerhalb der Schweiz erfolgt und alle Kantone nur jenen Anteil des Vermögens besteuern, der ihnen rechtlich zusteht.
Wer ausländisches Vermögen besitzt, unterliegt ebenfalls der Deklarationspflicht. Dazu gehören beispielsweise:
Immobilien im Ausland
Konten oder Depots bei ausländischen Banken
Beteiligungen an ausländischen Unternehmen
Die Schweiz hat mit vielen Staaten Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen. Diese regeln, welchem Land das Besteuerungsrecht für bestimmte Vermögensarten zusteht. In der Regel erfolgt die Besteuerung von Immobilien im jeweiligen Belegenheitsstaat. Der Kanton Thurgau berücksichtigt diese Werte zur Ermittlung des Steuersatzes, selbst wenn er sie nicht direkt besteuert.
Damit wird das weltweite Vermögen für die Bestimmung des Vermögenssteuersatzes herangezogen, auch wenn gewisse Vermögensbestandteile im Ausland versteuert werden. Dieses Vorgehen nennt man Progressionsvorbehalt.
Im Kanton Thurgau gibt es Unterschiede beim Steuerfuss zwischen den Gemeinden. Diese wirken sich auch auf die Höhe der Vermögenssteuer aus. Wer in einer Gemeinde mit tiefem Steuerfuss lebt, bezahlt bei gleichem Vermögen eine deutlich geringere Steuerbelastung als jemand in einer Gemeinde mit hohem Satz.
Das macht den Wohnsitz zu einem wichtigen Faktor für die Steuerplanung. Steuerlich attraktive Gemeinden wie Warth-Weiningen, Bottighofen oder Tägerwilen ziehen seit Jahren überdurchschnittlich viele Neuzuzüger an. Dagegen ist die Belastung in Städten wie Arbon oder Romanshorn traditionell höher.
Die Vermögenssteuer betrifft ausschliesslich natürliche Personen. Juristische Personen wie Aktiengesellschaften oder GmbHs unterliegen einer separaten Kapitalsteuer. Dennoch können Unternehmensinhaber betroffen sein, wenn sie Beteiligungen an Firmen im Privatvermögen halten.
Beteiligungen sind als Vermögenswert zu deklarieren. Je nach Höhe und Bewertung kann dies zu einer entsprechenden Vermögenssteuerbelastung führen. Dabei ist die Bewertung nach steuerlichen Vorschriften vorzunehmen, nicht nach Marktwert oder Buchwert des Unternehmens.
Die Vermögenssteuer wird im Rahmen der jährlichen Steuererklärung erhoben. Alle Vermögenswerte müssen vollständig und wahrheitsgetreu deklariert werden. Banken und Versicherungen stellen dafür jeweils Ende Jahr sogenannte Steuerverzeichnisse zur Verfügung, die der Steuererklärung beigelegt werden sollten.
Falsche oder unvollständige Angaben können steuerrechtliche Konsequenzen haben. Bei freiwilliger Selbstanzeige wird in vielen Fällen auf eine Busse verzichtet, sofern die Steuerpflichtige oder der Steuerpflichtige in der Vergangenheit nicht schon einmal eine solche Anzeige gemacht hat.
Auch bei der Vermögenssteuer lassen sich gewisse Optimierungen vornehmen. Dazu zählen unter anderem:
Rückzahlung von Hypotheken zur Senkung des Reinvermögens
Nutzung von Vorsorgeinstrumenten wie der Säule 3a (nicht steuerbar)
Anlage in selbstgenutzte Immobilien (Wohnwert versus Steuerwert)
Wohnsitzwechsel in eine steuergünstigere Gemeinde
Zeitlich abgestimmte Investitionen oder Verkäufe
Wer über grösseres Vermögen verfügt, sollte sich frühzeitig steuerlich beraten lassen. Eine durchdachte Strukturierung kann langfristig zu erheblichen Einsparungen führen.
Die Vermögenssteuer ist regelmässig Gegenstand politischer Diskussionen. Während einige Kreise sie als ungerecht empfinden, weil sie auch bereits versteuertes Einkommen belastet, sehen andere darin ein wichtiges Instrument zur Umverteilung und zur Finanzierung staatlicher Aufgaben.
Im Kanton Thurgau gibt es derzeit keine konkreten Bestrebungen, die Vermögenssteuer grundsätzlich abzuschaffen oder umfassend zu reformieren. Dennoch bleibt sie ein sensibles Thema, gerade in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten. Die Transparenz und Berechenbarkeit der Steuerregelungen im Thurgau wird von vielen Steuerpflichtigen geschätzt.
Die Vermögenssteuer im Kanton Thurgau ist einfach aufgebaut, klar geregelt und vergleichsweise moderat. Wer hier wohnt, zahlt auf sein Reinvermögen eine Steuer, die sich aus einem fixen Promillesatz und dem kommunalen Steuerfuss ergibt. Durch Freibeträge werden insbesondere Familien und Personen mit tieferem Vermögen entlastet.
Wichtige Einflussfaktoren auf die Höhe der Steuer sind der Wohnsitz, die Höhe der Schulden und das Vorhandensein von Immobilien oder Auslandsvermögen. Wer seine Vermögensverhältnisse sorgfältig strukturiert und rechtzeitig plant, kann seine Steuerlast langfristig optimieren. Dabei lohnt sich gerade bei grösseren Vermögen die Zusammenarbeit mit einer fachkundigen Stelle.
Der Kanton Thurgau bietet mit seinem Vermögenssteuersystem eine verlässliche Grundlage für eine gerechte Besteuerung, die auf Transparenz, Einfachheit und Effizienz ausgerichtet ist.